Sektorspezifische ESRS: Ein Überblick 

Sektorspezifische ESRS: Ein Überblick 

Sektorspezifische ESRS: Ein Überblick  2560 1440 Nora Emig

Im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) hat die Europäische Kommission (EC) die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt, technische Beratung zur Entwicklung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) bereitzustellen. Neben den sektorunabhängigen ESRS gehört dazu auch die Entwicklung von sektorspezifischen Berichtsstandards, die die besonderen Anforderungen und Nachhaltigkeitsfragen einzelner Branchen berücksichtigen. Seit September 2022 arbeitet EFRAG an der Erstellung erster Entwürfe für sektorspezifische Standards. Obwohl die Priorität zunächst auf der Entwicklung sektorunabhängiger ESRS lag, liegt seit 2024 ein verstärkter Fokus auf der Arbeit an Standards für hochrelevante Sektoren und Finanzinstitute. 

Was sind sektorspezifische ESRS? 

Sektorenspezifische ESRS legen fest, welche Informationen Unternehmen aus bestimmten Branchen offenlegen müssen, um den individuellen Herausforderungen ihrer Tätigkeitsbereiche gerecht zu werden. Beispiele für solche Branchen sind unter anderem Energie, Landwirtschaft, Textilien oder Finanzinstitute. 

Diese Standards ergänzen die sektorunabhängigen Anforderungen und sollen eine höhere Vergleichbarkeit und Relevanz der Berichterstattung gewährleisten. Insbesondere Unternehmen aus Sektoren mit hohem Einfluss auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft profitieren von klar definierten Offenlegungsanforderungen, die auf branchenspezifische Best Practices und Herausforderungen zugeschnitten sind. Aktuell herrscht Unklarheit bei den Unternehmen, wie sie ihre Informationen standardisiert und prüfssicher berichten sollen.  

Erweiterung für KMU und internationale Mutterunternehmen

Ergänzend zu den allgemeinen sektorenspezifischen Standards sieht die CSRD spezielle Regelungen für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für Mutterunternehmen mit Sitz außerhalb der EU vor. 

KMU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (Listed SME-Standard) 

Für kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen spezifische Standards entwickelt werden, die eine reduzierte Berichtspflicht ermöglichen. Ein erster Entwurf wurde bereits vorgelegt und stand zur Konsultation. Unternehmen, die diese Standards anwenden, können den Umfang ihrer Berichterstattung an die begrenzten Ressourcen und Kapazitäten kleinerer Organisationen anpassen. 

Opt-out-Regelung für KMU

Kapitalmarktorientierte KMU können zudem für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2028 beginnen, auf die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verzichten. In solchen Fällen müssen sie jedoch im Lagebericht angeben, warum keine Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt wurde. 

Standards für internationale Mutterunternehmen

Für Mutterunternehmen mit Sitz außerhalb der EU, die unter bestimmten Voraussetzungen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen und offenlegen müssen, werden separate sektorspezifische Standardentwürfe entwickelt. Dies unterstreicht den internationalen Anspruch der CSRD und stellt sicher, dass auch grenzüberschreitende Unternehmen die Anforderungen erfüllen können.

Der Entwicklungsprozess sektorenspezifischer Standards 

Die Entwicklung erfolgt in zwei Hauptstufen: dem Entwurfsstadium und dem finalen Entwurfsstadium. 

Entwurfsstadium: Das Entwurfsstadium umfasst vier Phasen: 

  1. Forschung: Identifikation und Priorisierung zentraler Nachhaltigkeitsthemen sowie Analyse aktueller Berichterstattungspraxen. 
  2. Erstellung des Entwurfs: Erarbeitung eines Arbeitsdokuments, basierend auf Forschungsergebnissen und Beiträgen aus den EFRAG-Sektorgemeinschaften. 
  3. Validierung: Öffentliche Diskussionen der Entwürfe im EFRAG Sustainability Reporting Technical Expert Group (SR TEG) und Sustainability Reporting Board (SRB). 
  4. Genehmigung: Freigabe der Entwürfe für öffentliche Konsultationen. 

Finales Entwurfsstadium: Nach der Genehmigung des Entwurfs durchläuft der Standard fünf weitere Phasen: 

  1. Öffentliche Konsultation: Sammlung von Feedback aus der Öffentlichkeit. 
  2. Analyse: Auswertung und Zusammenfassung der Rückmeldungen. 
  3. Überarbeitung: Diskussion und Anpassung der Entwürfe basierend auf dem Feedback. 
  4. Genehmigung: Finalisierung der Standards durch SR TEG und SRB. 
  5. Abschluss: Veröffentlichung der finalen Dokumente als technische Beratung an die Europäische Kommission. 

Aktueller Stand 

EFRAG arbeitet derzeit an Entwürfen für verschiedene Branchen, darunter Energie, Landwirtschaft, Textilien, Finanzinstitute und weitere. Die Arbeiten an diesen Standards befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsphasen – von der Forschung bis zur Validierung. Ein vollständiger Überblick über den aktuellen Status der Entwicklung ist auf der EFRAG-Website verfügbar. 

Zusätzlich bleibt EFRAG mit sogenannten Sektorgemeinschaften in engem Austausch. Diese Gruppen von Branchenexperten und Stakeholdern spielen eine entscheidende Rolle bei der Identifikation relevanter Nachhaltigkeitsthemen und der Weiterentwicklung von Entwürfen. 

Quelle: EFRAG

Sektorspezifische ESRS: Erfolgsfaktor für CSRD 

Sektorspezifische ESRS können Unternehmen erheblich bei der CSRD-Berichterstattung unterstützen, da sie branchenspezifische Anforderungen und Nachhaltigkeitsfragen klar definieren. Dadurch erhalten Unternehmen eine präzise Orientierung, welche Informationen für ihre spezifische Branche relevant sind und wie diese offengelegt werden sollten. Dies reduziert den Interpretationsspielraum und sorgt für standardisierte Berichterstattungspraktiken, die die Vergleichbarkeit und Transparenz zwischen Unternehmen derselben Branche verbessern. Zudem erleichtern sektorspezifische Standards den Zugang zu branchenspezifischen Best Practices und ermöglichen es Unternehmen, ihre Berichterstattung effizienter und zielgerichteter zu gestalten. Besonders in komplexen Sektoren wie Energie, Landwirtschaft oder Finanzdienstleistungen bieten diese Standards eine unverzichtbare Grundlage, um regulatorische Anforderungen der CSRD zu erfüllen und gleichzeitig die Erwartungen von Investoren und anderen Stakeholdern zu adressieren. 

Fazit 

Die Entwicklung sektorspezifischer ESRS ist ein wichtiger Schritt zur vollständigen Umsetzung der CSRD. Sie bietet Unternehmen klare Leitlinien, branchenspezifische Best Practices und ermöglicht eine Berichterstattung, die den individuellen Anforderungen ihrer Sektoren gerecht wird. Mit speziellen Regelungen für KMU und internationale Unternehmen unterstreicht die CSRD ihren flexiblen und umfassenden Ansatz, der sowohl große als auch kleine Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit unterstützt. 

FAQ

1. Was sind sektorspezifische ESRS und warum wurden sie entwickelt?
Sektorspezifische ESRS legen fest, welche Nachhaltigkeitsinformationen Unternehmen aus bestimmten Branchen offenlegen müssen. Sie ergänzen die allgemeinen ESRS, indem sie branchenspezifische Herausforderungen berücksichtigen, um eine präzisere und relevantere Berichterstattung zu ermöglichen.

2. Welche Branchen sind von den sektorspezifischen ESRS betroffen?
Betroffene Branchen umfassen unter anderem Energie, Landwirtschaft, Textilien und Finanzinstitute. Diese Sektoren haben besondere Nachhaltigkeitsaspekte, die durch die sektorspezifischen Standards detailliert abgedeckt werden sollen.

3. Wie unterscheiden sich sektorspezifische ESRS von den sektorunabhängigen ESRS?
Sektorspezifische ESRS gehen über die allgemeinen Anforderungen der sektorunabhängigen Standards hinaus, indem sie spezielle Nachhaltigkeitsfragen einzelner Branchen wie Energie oder Landwirtschaft berücksichtigen, um relevantere Informationen zu liefern.

4. Welche speziellen Regelungen gelten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter der CSRD?
Für KMU, die kapitalmarktorientiert sind, gibt es spezifische Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ein erster Entwurf für den KMU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandard wurde bereits vorgelegt, der eine reduzierte Berichtspflicht ermöglicht. KMU können auch auf eine Nachhaltigkeitsberichterstattung verzichten, wenn ihr Geschäftsjahr vor dem 1. Januar 2028 beginnt. In diesem Fall müssen sie jedoch im Lagebericht erklären, warum sie keinen Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt haben.

5. Wie wird der Entwicklungsprozess der sektorspezifischen ESRS durchgeführt?
Die Entwicklung der sektorspezifischen ESRS erfolgt in zwei Hauptphasen: Im Entwurfsstadium werden zunächst zentrale Nachhaltigkeitsthemen recherchiert, Entwürfe erstellt und validiert. Dies umfasst öffentliche Diskussionen und Konsultationen. Nach der Genehmigung des Entwurfs folgt das finale Entwurfsstadium, das eine öffentliche Konsultation, Analyse der Rückmeldungen, Überarbeitungen und letztlich die Genehmigung und Veröffentlichung der finalen Standards umfasst. Dies stellt sicher, dass die Standards auf fundierten Erkenntnissen und breiter Konsensbildung basieren.

6. Welche Vorteile bieten sektorspezifische ESRS für Unternehmen und deren Nachhaltigkeitsberichterstattung?
Sektorspezifische ESRS bieten klare, branchenspezifische Leitlinien, die Unternehmen helfen, die Anforderungen der CSRD effizient zu erfüllen, die Transparenz zu erhöhen und die Vergleichbarkeit innerhalb der Branche zu verbessern.

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Über den Autoren

Nora Emig

Nora Emig ist Marketing-Expertin bei Klimahelden und spezialisiert auf ESG-Themen. Sie entwickelt Informationsmaterial, das Unternehmen umfassend auf die Anforderungen der CSRD-Berichterstattung vorbereitet.

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